Rückenschmerzen bei Tinkern stellen eine häufige orthopädische Erkrankung dar. Selten kommen angeborene Missbildungen vor; meist äußern sich Rückenerkrankungen in Weichteilschäden der Bänder, der Muskulatur und der Haut sowie Veränderungen an den Wirbeln. Die Subluxation des Kreuz-Darmbein-Gelenks sowie Läsionen des Kreuzbeins und der Kruppenmuskulatur werden ebenfalls den Rückenbeschwerden zugeordnet. Pathogene Veränderungen des Rückens können einzeln oder in Kombination mit anderen Erscheinungsformen auftreten.

Ursachen von Rückenschmerzen

Ursachen liegen beispielsweise in einem Trauma (Sturz, Verrenkungen, Unfällen), andererseits in Reiter- und Ausbildungsfehlern, Gliedmaßenerkrankungen und Satteldruck. Die Veränderungen an den Wirbeln entwickeln sich, wenn kein Trauma zugrunde liegt, sehr langsam über Monate und Jahre, wobei die Tinker über einen langen Zeitraum weiterhin beschwerdefrei sein können. Häufig finden sich die Veränderungen zwischen dem 10. Brust- und dem 4. Lendenwirbel, dem Abschnitt mit der größten dorsoventralen und lateralen Beweglichkeit. Muskelverspannungen und Bänderzerrungen finden sich vermehrt im Bereich der vorderen Sattellage und der Lendenwirbelsäule. Tinker jeden Alters können erkranken, am häufigsten treten Rückenprobleme jedoch zwischen dem 6. und 9. Lebensjahr auf.

Symptome von Rückenschmerzen bei Tinkern

Die Symptome sind zahlreich: Verlust des Temperamentes, Sattel- und/oder Gurtzwang, Empfindlichkeit beim Abtasten und Putzen, Durchdrücken des Rückens beim Aufsitzen und Anreiten, Leistungsminderung, Steifheit, kurzer, gebundener, schwungloser Gang, abstehender oder eingeklemmter Schweif, Schiefschweifhaltung, Katzenbuckel, häufige Taktfehler im Trab, fehlender Vorwärtsdrang, Umspringen in den Kreuzgalopp, Widersetzlichkeit, Steigen, panikartiges Wegrennen und/oder Stöhnen bei bestimmen Lektionen, Schwellungen im Bereich des Rückens und Rückenwegdrücken sowie Probleme beim Aufsatteln und Aufsteigen. Die Tinker sind laufunwillig oder laufen panikartig davon, zeigen einen steifen und gebundenen nicht schwingenden Gang und die Schweifrübe wird steif und fast waagerecht getragen. Nicht alle der oben genannten Symptome treffen im Einzelfall zu; die Tinker zeigen bei Rückenbeschwerden jedoch einige der oben genannten Anzeichen. Die klinischen Symptome sind ausgesprochen vielfältig und treten unterschiedlich in Erscheinung; auch kommen ähnliche Symptome bei anderen Erkrankungen des Bewegungsapparates vor. Die erhobenen pathologischen Befunde am Rücken (Druckempfindlichkeit u. a.) gehen nicht zwingend mit einer klinisch manifesten Erkrankung der Wirbelsäule einher. Dies gilt insbesondere für die röntgenologischen Befunde und die Palpationsbefunde (Abdrücken des Rückens, Druckempfindlichkeit beim Abtasten). Die Veränderungen, welche beim Röntgen ersichtlich sind, betreffen meist die Dornfortsätze (Verengungen der Abstände, Berührungen oder Überlappungen einzelner oder mehrerer Dornfortsätze = Kissing Spines).

Überlappungen der Dornfortsätze können infolge einer Spondylose auftreten. Auch zeigt das Röntgenbild oft eine Randsklerosierung, eine Pseudoarthrosenbildung und Insertionsexotosen. Im Alter von 3 – 4 Jahren unterliegen die Dornfortsätze jedoch an den kaudalen Brust- und Lendenwirbeln erheblichen Formveränderungen mit zunehmender Variabilität der Dornfortsätze. Dies erklärt, warum auch schon bei jungen Tinkern pathologische Veränderungen an den Dornfortsätzen im Röntgenbild gefunden werden können. Im Zuge der Diagnose muss bei der Adspektion auf Verformungen der Wirbelsäule und auf Asymmetrien und Schwellungen der Muskulatur geachtet werden. Unterschiedlich starker Druckschmerz (Wegdrücken des Rückens, Ausweichen zur Seite, In-die-Knie-Gehen) kann sowohl bei Palpation der Dornfortsätze als auch der den Wirbeln benachbarten Muskeln ausgelöst werden. Er kann punktuell oder über einen größeren Bereich des Rückens bestehen. Um sicherzugehen, dass es sich nicht um ein hautsensiblen Tinker handelt, muss der Palpationsschmerz auch nach längerem Abtasten des Rückens wieder ausgelöst werden können. Tinker mit Rückenbeschwerden vermeiden bei der Palpation eine seitliche Verbiegung ihrer Wirbelsäule. Die Diagnose einer Rückenerkrankung basiert auf den Befunden einer klinischen Untersuchung. Um eine Beteiligung der Brust- und Lendenwirbel am Krankheitsgeschehen nachzuweisen, ist die röntgenologische Untersuchung von Nöten. Am stehenden Tinker lassen sich jedoch nur bestimmte Abschnitte der Brust- und Lendenwirbelsäule röntgenologisch darstellen. Hierdurch lässt sich lediglich ein grober Überblick in die Skelettveränderungen erzielen. Um einen Gesamtüberblick über alle Anteile der Wirbelsäule zu erhalten, muss die röntgenologische Untersuchung in Narkose durchgeführt werden. Hierzu sind leistungsstarke Röntgengeräte und die Benutzung von Rasterkassetten oder -brücken erforderlich. Allerdings sind allein die röntgenologischen Befunde für die Diagnose wenig aussagekräftig. Bei vielen Tinkern mit röntgenologisch pathologischen Befunden bestehen keine oder nur geringe Beschwerden. Daher wird heute vielfach das Röntgen der Brust- und Lendenwirbelsäule mit der Szintigraphie kombiniert. Der Vorteil der Knochenszintigraphie liegt darin, dass sowohl Veränderungen am Skelett, die im Röntgenbild noch nicht sichtbar sind, dargestellt als auch pathologische Befunde der röntgenologischen Untersuchung im Hinblick auf ihre tatsächliche Beteiligung am akuten Geschehen (Entzündung) diagnostiziert werden können. Auch die Sonographie wird zur Darstellung von Muskel– und Bänderläsionen bei rückenkranken Tinkern eingesetzt. Der positive Ausfall einer lokalen Infiltrationsanästhesie zwischen und um die veränderten Dornfortsätze sichert die Diagnose weiter ab (der negative Ausfall der Anästhesie beweist umgekehrt nicht, dass keine Rückenerkrankung vorliegt). Die Bestimmung der Muskelenzymwerte (CK, LDH) sollte routinemäßig vor und nach Belastung durchgeführt werden. Erhöhte Werte geben Hinweise auf eine Muskelerkrankung. Bei chronischen Rückenbeschwerden zeigen sich zumeist keine Abweichungen von der Norm.

Der CK und LDH-Wert sind auch bei anderen Erkrankungen und Problemen des Bewegungsapparates erhöht. Eine Erhöhung der Muskelenzymwerte sieht man sehr häufig bei Blutanalysen, da bereits eine geringe Schmerz-Schonhaltung eine Erhöhung der o. g. Werte auslöst.

Differentialdiagnose:

Aufgrund der häufig unspezifischen Symptomatik müssen eine Vielzahl von Differentialdiagnosen berücksichtigt werden: Lahmheiten der Becken-, aber auch der Schultergliedmaßen; Untugenden des Tinkers, Erkrankungen des Kreuzbeins, der Kruppenmuskulatur und des Beckens, Subluxation des Iliosakralgelenks, Erkrankungen der Zähne und der Mundhöhle, Erkrankungen der Halswirbelsäule (inklusive geringgradiger Ataxien); Ausbildungs- und Reiterfehler, organische Erkrankungen der Leber und Nieren.

(http://www.tierheilkundezentrum.info)

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